Ausnahmsweise fängt dieser Beitrag mit dem an, was es nicht ist, denn Gigon/Guyer haben dem Plan des Josef-Albers-Museums Quadrat mit ihrer Erweiterung kein fünftes Quadrat hinzugefügt.
Der 1888 in Bottrop geborene Maler und Kunsttheoretiker Josef Albers war 1933 nach der Schließung des Bauhauses durch die Nationalsozialisten mit seiner Frau Anni Albers in die USA geflüchtet. Seine Arbeit als Künstler und Hochschuldozent konnte er dort fortsetzen, seine Werke, die der konkreten Kunst zuzuordnen sind, wurden auch in der jungen Bundesrepublik geschätzt und, ausgestellt auf der documenta 1 (1955), Teil einer neuen Positionierung der Kunst. An der Serie „Homage to he Square“ arbeitete Albers bereits seit zwanzig Jahren, als er 1970 Ehrenbürger seiner Geburtsstadt wurde. Sein Dank war eine Schenkung von sechs Bildern und einige Graphiken, die die Stadt zum Anlass nahm, das alte Heimatmuseum im Stadtgarten zum Museumszentrum Quadrat auszubauen. Bernhard Küppers, Architekt der Stadt, setzte eine Kette von drei Mies-inspirierten Pavillons auf quadratischem Grundriss in den Park und dockte mit dem mittleren an die alte Museumsvilla an. Die Eröffnung fand in Albers’ Todesjahr 1976 statt. Vier Jahre später übergaben Anni Albers und die Albers Fundation der Stadt weitere 300 Werke aus dem Nachlass mit der Auflage, das Museum zu erweitern. Finanziert aus Landesmitteln wurde der Neubau, wiederum Küppers und wiederum ein Quadrat, mit einer verglasten Passerelle an das Cluster angeschlossen und 1983 als Josef Albers Museum eröffnet.
40 Jahre später sah sich das Museum gefangen im Quadrat, es mangelte an Raum und Freiraum, sich auch mit Wechselausstellungen zu positionieren. So lobte die Stadt 2016 einen nicht offenen Planungswettbewerb mit 25 Büros aus. Mit dem 1. Preis ausgezeichnet (Juryvorsitz Christoph Sattler, München) wurde die Arbeit der Arge Gigon/Guyer Architekten (Zürich) und pbr Planungsbüro Rohling (Osnabrück). Nach fünf Jahren Bauzeit öffnet die Josef-Albers-Galerie am 18. Oktober. Einige Elemente, auch die Materialität erscheinen bekannt, so gelingt die Einordnung in Ensemble und Park. Auch Gigon/Guyer verwenden schwarzbraune Stahlelemente, doch anders als beim Bestand kaschieren ihre großformatigen Paneele die Konstruktion des zweigeschossigen Baukörpers. Das Quadrat als Grundriss war für Annette Gigon keine Option, weil dessen Innenraum zu starr für die Kunst sei, das Rechteck dagegen sei gutmütiger.
Erschlossen wird der Neubau (1.996 qm BGF) über eine Verbindungsbrücke, dunkel verkleidet wie ein Tunnel führt sie ins Licht. Der mäandrierende Rundgang durch die acht Ausstellungssäle im OG (58 – 122 qm), nimmt den Gedanken des Flanierens im Park auf. Im EG liegen Räume für Museumspädagogik, Werkstatt, Bibliothek und Depot. Mit großer Perfektion sehr diskret gestaltet, dient die Architektur der Kunst. Nichts stört, die Technik verschwindet in zwei aufgedoppelten Innenwänden. Vier großformatige Kastenfernster, eines in jede Himmelsrichtung, machen den Neubau zum Teil des Ganzen. Unterschiedliche Kunst- und Tageslichtszenarien können mit LED-Bändern sowie textilen Verdunklungs- und Sonnenschutzstoren, die vor die raumseitig geätzten Scheiben fahren, auf Knopfdruck erstellt werden. Was nicht gebraucht wird, liegt verborgen in der Geometrie des Sheddachs. In der Ansicht bleibt das Shed verborgen, „zu industriell die Anmutung“, so Annette Gigon. So bekam der Baukörper an der Dachkante der langen Nord-Ost-Seite eine Ausklappung, „einen Kragen“, der die Zacken verdeckt, aber noch Licht in das letzte Shed einfallen lässt. Das ist irgendwie schräg, aber auch ein schöner Moment jenseits des rechten Winkels.
Für Bottrop hat das Museumszentrum Quadrat große Bedeutung, ihr kulturelles Rückgrat stützt die ehemalige Steinkohlestadt auch während des schwierigen Strukturwandels. Bald 13 Mio. € hat der Neubau gekostet, finanziert wurde er aus Bundes- und Landesmitteln, sowie Stiftungen der Industrie, dem LWL Landschaftsverband Westfalen-Lippe und The Josef & Anni Albers Foundation.
Dieser Beitrag ist im BauNetz erschienen