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Die Dachlandschaft – der DFB-Campus in Frankfurt am Main

3. Juli 2023 by Uta

Fußball ist weit mehr als nur das Spiel mit dem Ball – wenn es um den Deutschen Fußball-Bund geht. Zum DFB gehören Verwaltung, Marketing, Medien, Management genauso wie Training, Taktik, Therapie. Im Dachverband kommen alle und alles zusammen. Ihm gibt der nach eineinhalb Jahren Bauzeit im Juni 2022 im Frankfurter Süden eröffnete DFB-Campus nun eine bauliche Gestalt: ein großes Dach.

Mit dem großen Dach überzeugten kadawittfeldarchitektur (Aachen) mit Greenbox Landschaftsarchitekten (Köln) bereits in dem 2015 entschiedenen Wettbewerbsverfahren. Pragmatisch fügen sich an den langgestreckten Bau Funktionsbereiche in alle Richtungen. Von Rasenplätzen umgeben, reicht die Sicht von Innen ins Grün, gibt der Landschaft Raum, die von der Sportanlage Richtung Innenstadt urbane Gestalt annimmt und sich gen Süden und Westen im Stadtwald fortsetzt.

Der Standort an der Grenzlinie zwischen den Stadtteilen Niederrad und Sachsenhausen ist für den DFB ein Glücksfall, nicht primär wegen des Skylineblicks, sondern wegen des nahezu idealen Verhältnisses von Innenstadtnähe und räumlicher Freiheit, denn Fußball braucht Platz. Weichen musste dafür an dieser Stelle die vor mehr als 150 Jahren gegründete Galopprennbahn, in deren Mitte sich kurioserweise ein 9-Loch-Golfplatz befand. Frankfurts erster Bürgerentscheid, mit dem der Stadt das Geschäft mit dem DFB untersagt werden sollte, scheiterte 2015 am Quorum. Das Rennbahnareal wurde schließlich geteilt, der DFB ist Erbbauberechtigter für 15 Hektar plus weitere 5 Hektar als Erweiterungsfläche. Ein Mehrwert für alle ist der von der Stadt Frankfurt 2022 angelegte Rennbahnpark, den ein Zaun vom DFB-Campus trennt.

Eine Heimat für die Nationalmannschaften

Für den Bauherrn, der 150 Millionen Euro in den Neubau investiert hat, ist die Verzahnung aller Facetten des Fußballs eine neue Erfahrung. Erstmals verfügt der Dachverband hier über eigene Fußballplätze. Auf 56.850 Quadratmeter BGF gibt es rund 700 Büroarbeitsplätze, dem gegenüber stehen drinnen und draußen 4,5 Fußballplätze für die sportlich Aktiven. Der Campus ist linear organisiert. An den 300 Meter langen in Nord-Süd-Richtungen verlaufenden „Sportboulevard“ docken von beiden Seiten aus „Häuser“ mit unterschiedlichen Funktionen an, die (Hybrid-)Rasenplätze liegen gefasst vom Neubau und dem Grün des auslaufenden Stadtwalds geschützt im nord-östlichen Bereich des Campus. Auch die Erschließung erfolgt von zwei Seiten: im Süd-Osten liegt an der Kennedyallee der repräsentative Eingang mit mannschaftsbusgeeigneter Vorfahrt, im Westen, in der Nähe des großen Parkhauses direkt an der Schwarzwaldstraße, der für Mitarbeiter:innen und Gäste. Offen über drei Ebenen, führt der Boulevard Menschen und Nutzungen wieder zusammen, die Abgrenzung der halböffentlichen von den internen Bereichen an der jeweiligen „Haustür“ ist räumlich eindeutig und elektronisch gesichert. Skulptural aufgefaltet betont die Dachform die Knotenpunkte der Magistrale, insbesondere den sogenannten „Marktplatz“, das große Foyer mit Empfang. Durch die Richtungsänderungen der Alu-Stehfalzdeckung ist dies in der Dachaufsicht ein reizvoller grafischer Effekt, aber es drängt sich die Frage auf, ob ein Gründach nicht vielleicht doch eine nachhaltigere Wirkung hätte. In der Untersicht findet sich das Thema der in Dreiecke zerlegten Flächen als Gipskartonbeplankung in CNC-gefrästen Knoten wieder. Der hellblau-weiße Anstrich als Bild des Himmels inszeniert Höhe und Raum.

Fußball verwalten und vermarkten

Im südlichen Kopfende liegen auf vier Geschossen um einen Lichthof gruppiert, die Büros der Verwaltung und Direktionen sowie das Pressezentrum im Erdgeschoss. Offene Arbeitsbereiche und Zellenbüros werden durch „Meetingpoints“ und kleineren Rückzugsbereichen in der Mittelzone ergänzt. Die Arbeitsbereiche sind in lichtem Grau neutral gestaltet. Die Bezüge der Sessel und Sofas, die individuell gefertigten Teppiche sowie die die akustisch wirksamen Fenster- und Wandpaneele setzen farbige Akzente von Gelb bis Grün. Für den informellen Austausch unverzichtbar sind die in unterschiedlichen Rasentönen gestalteten Teeküchen. Von Westen schiebt sich, über drei Geschosse holzverkleidet, der Konferenz- und Gastrobereich an die Magistrale. Ein bisschen Flughafenatmosphäre entsteht hier auf den langen Gangways, doch Cafeteria im EG und das darüber liegende Restaurant nehmen hier an zentraler Stelle des „Marktplatzes“ etwas Tempo raus. Gegenüber dockt die dreigeschossige Akademiean, die mal als Wissensspeicher, Kreativwerkstatt, Trainingscamp oder Schulungszentrum beschrieben wird, im TechLab werden neue Trainingsmethoden getestet. Im hochfunktionalen und viel frequentierten Erdgeschoss liegt die medizinische Ambulanz sowie Räume für Physio, Reha und Wellness, Licht in die Tiefe bringen drei polygonale Glasschächte, die als Steingärten angelegt sind.

Im Fußballhimmel

Zur Gestaltungssatzung wurde das Thema der grafischen Zerlegung von Oberflächen. Die Paneele und Beplankungen an Fassaden, Wänden, Decken, Dach und Böden sind in jedem Winkel der komplexen Gebäudegeometrie präzise detailliert und sauber zusammengefügt, so dass ein fast synthetisches Bild gezeichnet wird. In Form von rein dekorativen Fünfecken setzt sich grafische Ausgestaltung fort, sie sind zum Beispiel als Intarsien in die PU-Beschichtungen der Böden eingesetzt und finden sich in der fragmentierten Medienwand im Foyer und als Form der Beete und Pflanzkübel auf der großen Terrasse wieder.

„Zum Sport orientiert“ sei das Gebäude, erläuterte Kilian Kada bei der Begehung. So öffnen sich überall große Fenster, Logen, Tribünen und Terrassen auf die drei Kunst- oder Hybridrasenplätze und in die gewaltige Fußballhalle. Sie ist das einzige überdachte, den UEFA-Wettkampfrichtlinien entsprechende Fußballfeld Deutschlands: Sichtbeton, Kunstrasen, Stahlfachwerkträger und EFTE-Folienkissendach, herrlich unaufgeregt und damit sicher der schönste Raum. Den Abschluss der Magistrale im Norden bildet eine kleinere Mehrzweckhalle, in der Futsal, eine Hallenfußballvariante, gespielt werden kann, die aber auch Abendveranstaltungen einen angemessenen sportlichen Rahmen bietet.

Für all diejenigen, die während ihrer Lehrgänge oder Trainingseinheiten in einem der Athletenzimmer auf dem Campus wohnen, gelangen mit nur wenigen Schritten vom dreigeschossigen Trakt auf die Sportplätze. Die Doppelzimmer sind zweckmäßig und freundlich ausgestattet, dem Standard der Nationalmannschaft entsprechen sie nicht, für viele andere gehen hier Fußballträume in Erfüllung.


Dieser Beitrag erschien im Bauwelt Spezial 17 im Juni 2023

Posted in: Bauwelt Tagged: Dachlandscahft, DFB, DFB Campus, Frankfurt, Fußball, kadawittfeld, Nationalmannschaft, Uta Winterhager

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